Lehrer in Ostdeutschland stehen vor weitem
Vorfälle an einer Schule im ostdeutschen Bundesland Brandenburg haben Befürchtungen über rechtsextreme Stimmungen im Klassenzimmer ausgelöst. Beamte äußerten ihre Bestürzung und ermutigten die Lehrer, nicht vor Hass zurückzuschrecken.
Max Teske darf keine Angaben zu den rechtsextremen Vorfällen machen, die er an seiner Schule gemeldet hat. Die örtliche Schulbehörde möchte nicht, dass der Lehrer und seine Kollegin Laura Nickel darüber reden.
Was Teske aufgrund von Gesprächen, die er mit anderen Pädagogen im gesamten ostdeutschen Bundesland Brandenburg geführt hat, sagen kann, ist, dass die von ihm gemeldeten Vorfälle keine Einzelfälle sind.
„Hitlergrüße, Graffiti, Sexismus, Homophobie. Das sind Themen, die alle Schulen betreffen“, sagte er der DW.
Daraufhin haben Teske und Nickel angekündigt, dass sie die Schule in Burg, einer Kleinstadt etwa 80 Kilometer südöstlich von Berlin, verlassen werden.
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Vor etwa drei Monaten reichten die beiden Lehrer einen dringenden Brief ein, in dem sie auf Vorfälle an der Schule aufmerksam machten. Obwohl der Brief anonym unterzeichnet wurde, sagte Teske, er und Nickel seien Opfer von Drohungen geworden. Dazu gehörten Aufkleber mit ihren Fotos, die in der Nähe der Schule angebracht waren und sie aufforderten, sich fernzuhalten.
Mit einem vulgären Ausdruck forderten die Aufkleber sie auf, „nach Berlin zurückzukehren“. Das sei ungefähr zu der Zeit gewesen, sagte Teske, als sie Kontakt mit den Strafverfolgungsbehörden aufgenommen hätten.
Burg liegt im Spreewald, einem beliebten Touristenziel, das für seine natürliche Schönheit bekannt ist. Die Politik in der Region ist jedoch weniger ruhig. Bei der Bundestagswahl 2021 gewann die rechtsextreme Alternative für Deutschland (AfD) in Burg mehr als 30 % der Stimmen. Die Popularität der AfD auf kommunaler und regionaler Ebene gibt Bundespolitikern zunehmend Anlass zur Sorge.
In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung äußerte der brandenburgische Bildungsminister Steffen Freiberg sein Mitgefühl für die angeblich bedrohten Lehrer, äußerte aber auch Kritik. Er wies ihre Beschwerde zurück, dass ihre Vorgesetzten sie nicht ausreichend unterstützt hätten.
Die Nachricht löste Bestürzung in der Mainstream-Politik aus, nicht nur im Land Brandenburg, sondern auch bei Bundespolitikern in Berlin. Präsident Frank-Walter Steinmeier äußerte sich besorgt über die Entwicklungen an der Schule in Burg. „Wir müssen alles für diejenigen tun, die sich gegen Populismus und Extremismus stellen und für Toleranz und Demokratie in dieser Gesellschaft eintreten“, zitierte ihn seine Sprecherin Cerstin Gammelin am 13. Juli.
„In Brandenburg darf es keinen Ort geben, an dem Rechte Ängste schüren und Andersdenkende vertreiben wollen“, sagte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke.
Teske zögerte, den Umgang der Schule mit der Angelegenheit zu kritisieren, aus Angst, dass dies zu rechtlichen Problemen führen könnte, die sich auf seine Arbeit auswirken könnten. Stattdessen konzentrierte er sich auf die Veränderungen, die er in der Gesellschaft für notwendig erachtet.
„Die Zivilgesellschaft muss einen gemeinsamen Weg finden, mit dem Thema umzugehen“, sagte er. „Demokratie muss in der Schule gefördert werden.“
Dass Teske und Nickel woanders hingehen, um zu unterrichten, passt gut zur örtlichen AfD. Jean-Pascal Hohm, ein regionaler Parteifunktionär, nannte Teske einen „linksradikalen Informanten“ und Nickel seinen „Kameraden“.
Diese Begriffe treffen hier besonders hart. Als Ostdeutschland ein kommunistischer Staat war, spionierten viele Menschen im Auftrag der Staatssicherheit ihre Freunde, Familienangehörigen und Nachbarn aus oder wurden der Spionage verdächtigt. Die AfD präsentierte sich als Bollwerk gegen den Kommunismus und nutzte die schmerzhafte Geschichte der Region als Mittel, um ihre eigenen politischen Perspektiven zu stärken.
Hohm bestritt unterdessen, dass Brandenburgs Schulen unter einem rechtsextremen Problem leiden. „Bürgerschaftliches Engagement funktioniert“, schrieb er. „An Brandenburgs Schulen gibt es kein Rechtsextremismusproblem.“
Für die Schulen in Brandenburg haben nun die Sommerferien begonnen. Doch politisch bleibt die Lage angespannt. Und im September 2024 stehen in Brandenburg Landtagswahlen an.
Nicolas Heintz hat zu diesem Bericht beigetragen.
Dieser Artikel wurde ursprünglich auf Deutsch veröffentlicht
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